Sonntag, 8. Februar 2015

Street.Gang.Bitches

sie bewegte sich
durch den Saunabereich
mir einer Ästhetik
die man nur aus japanischen Mangas kennt
die Haut ein wenig zu hell
und die Bewegungen ebenso verletzlich
wie subtil brutal,
ihr Gesichtsausdruck
ebenso weich wie auch abweisend kalt
und der Haarschnitt
kurz und dicht
wie von einem eiligen
Zeichner
hingeworfen.

Und selbst die Raumoptik
- ich, schweiß perlend sitzend auf einer niedrigen Stufe -
in der leichten Untersicht
und ihre Beine bis zum Horizont.

Sie stand unmittelbar
vor mir, als sie sich
mit einer Schamlosigkeit
- die man nur an einem Ort der Welt lernt -
das Handtuch vom Körper zog.

Da sah ich es,
die kleine unscheinbare Narbe an ihrem Körper,
irgendwo zwischen Schulter und Schlüsselbein
nur wie ein heller kleiner Kratzer.

Unverkennbar,
auch wenn wir uns noch nie begegnet sind,
es ist das Zeichen unserer Gang
sie hat unseren Krieg geführt
zwar in ihren Viertel
aber es war unserer Krieg,
auch wenn ihn  jeder und jede unserer Gang
auf die eine oder andere Art
mehr oder weniger
alleine geführt hat.

Im Herabfallen eines Handtuches
einen Blick werfen auf ihren makellosen Körper
und mir einer gewissen Befriedigung
feststellen, dass sie die Narben
- die sie zweifellos errungen hat
nicht an der Oberfläche  trägt.

Und im letzten Augenblick
- bevor, aber nicht anstelle -
sich unsere Augen treffen
- ohne dabei irgendwas zu sagen -
den Kopf auf die Seite wenden
nicht um meine oder ihre Scham
oder Intimität zu waren
sondern um meine Narbe zu verdecken.

Wir mögen einander erkennen
aber wir wollen uns nicht zu ergeben kennen
jedenfalls nicht freiwillig.

Und Überlebende wollen
die Kriege dort lassen wo sie hingehören,
in der Vergangenheit.