Sonntag, 18. November 2012

torri del benaco

wie ein erhobener stinkefinger, zeigt der offene schranken des gebührenpflichtigen parktplatzes in die luft als wir in die stadt einfahren, und um uns noch mehr zu demütigen prangt am einfahrtsschild ein bereits heute zerfledertes plakat, das verkündet, dass ab heute das parken gratis ist. gerade so um uns zu sagen das, was immer wir hier wollten genau nur einen tag zu spät sind.

hinter dem parkplatz ist die alte skaligerburg und vor ihr die neuen turnierplätze mit ihren toren und körben. auch diese burg ganz am wasser und bei der umrundung wird erkennbar, dass von der burg nur mehr die eine hälfte da ist. unvermittelt ist man im ort.
 
auch hier nachsaison und der gedanke "nur ein tag zu spät" setzt sich fort. es ist keine wehmut die hier vorherrscht, sondern ein seltsames gefühl der übernachtigkeit, gerade so als ob man eine ausgelassene feierlichkeit und fröhlichkeit noch spüren kann, so als ob diese kleine stadt lebendiger sein müsste, es aber halt gerade eben nicht ist, weil man es gestern ein kleinwenig übertrieben hat.
 
eine stimmung wie am platz einer hochzeit, auf der soben die letzten feierlichkeiten zuende gegangen sind und die gäste eine tiefen oder unruhigen schlaf noch haben. die tische sind gedeckt, der ort fein geputzt und man erwartet dass die gäste gleich zu einem späten frühstück auftauchen werden, mit schweren kopf aber zufriedenem grinsen. die stadt wirkt wie ein fröhlicher hangover.
 
Im hafen sind jungs und füttern fische, obwohl sie zu alt zum fische füttern sind und sich - aus mangel an alternativen - hier damit die zeit vertreiben. auf einer steinbank zwei mädchen, schulter an schulter und hören mit einem paar kopfhörer - auch auf ihren gesichtern jenes sanfte müde grinsen.
 
ein tag zu spät. die pizzeria hinter dem hafen hat schon zu und einige dekopinguine warten auf den bus nach grönland. die boote im hafen wie grell geschminkte schausteller am bühnenrand, während am horizont die wolkenvorhänge aufreissen.
 
durch eine verträumte gasse und ein schild das an die "ursprünglichen" erinnert. eine vereinigung von fischern, mit verbrieften rechten, die sowas wie eine krankenversicherung gegründet hatten, vor vielen hundert jahren und die es heute noch vereinzelt gibt.
 
meine frau genehmigt sich einen dicken kakao im örtlichen cafe und während sie sich durch die schokolade arbeitet bin ich auf den spuren der ursprünglichen: im waschraum ein bild am spiegel, ein kleines mädchen und daneben ihre geschichte - über ihre krankheit. seltsamen ressonanzen brechen auf, zu nahe immer noch die nächte im roten turm, die stille empathie, ein bitten in würde, eine krankengeschichte die keine heilung heuchelt und schon mit linderung zufrieden ist. daneben noch ein foto, das mädchen neben der cafebesitzerin, das undeutbare lachen einer starken frau und daneben ein mann, offensichtlich der partner der frau, aber sein lächeln schmerzhaft, ob es ihr kind ist - bleibt offen. neben dem seifenspender ein glas, diebstahlssichere größe und zum teil mit münzen gefüllt.
 
zeit die börse auszuleeren und weiterzuziehen.
 
 

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